24.11.2022

Erste Kirchgemeindeversammlung in Gebenstorf-Turgi mit neuer Kirchenpflege
«Für gewisse Leute war die Kirchgemeinde ein Selbstbedienungsladen»

Von Christian Breitschmid

  • Die erste ordentliche Kirchgemeindeversammlung von Gebenstorf-Turgi unter der Leitung der neuen Kirchenpflege durchwehte der Geist des Neuanfangs und des grossen Reinemachens.
  • Noch sind nicht alle Altlasten beseitigt, aber die neue Kirchenpflege wird gestützt von einer Kirchgemeinde, die vorwärtsschauen will.
  • Finanziell muss man zwar den Gürtel enger schnallen, aber dieses Schicksal teilt die Gemeinde mit vielen anderen in der katholischen Gemeinschaft.

Noch sind viele Fragen offen. Versäumnisse und Mauscheleien der Vorjahre wirken natürlich noch weiter nach. Aber in der Kirchgemeinde Gebenstorf-Turgi weht ein spürbar neuer, frischer Wind, seit Bistum und Landeskirche ein Machtwort gesprochen haben. Der vormalige verantwortliche Priester im Seelsorgeverband Birmenstorf-Gebenstorf-Tur​gi, Pater Adam Serafin, und der ehemalige Präsident der Kirchenpflege Gebenstorf-​Turgi, Daniel Ric, bleiben ihrer Ämter weiterhin enthoben, was die Aussichten auf einen gelingenden Neustart mit zwei neuen Seelsorgern und einer neuen Kirchenpflege mehr als berechtigt erscheinen lässt.

«Was kostet uns das?»

Die Stimmung im Bauernhaus an der Limmat in Turgi war jedenfalls entspannt, als sich vergangenen Dienstagabend, 22. November, 72 Stimmberechtigte der Kirchgemeinde dort einfanden, um sich von der Kirchenpflege über die aktuellen Geschäfte informieren zu lassen und darüber auch abzustimmen. Auf Grund der laufenden Amtsenthebungsverfahren gegen Daniel Ric und den bisherigen Finanzressortleiter Igor Kos, sind diese beiden Kirchenpflegemitglieder seit Ende Mai freigestellt. Ihre Plätze blieben an diesem Abend unbesetzt. Durch die Versammlung führte Vizepräsident Andreas Zillig.

Neben den beiden bisherigen, Andreas Zillig und Martin Nigg, vertraten auch die drei vor einem Jahr gegen den Widerstand von Daniel Ric gewählten Neuen, Hilde Seibert, Bernhard Hollinger und Willy Deck, ihre Ressorts, und Elisabeth Künzli amtete erstmals als neue Protokollführerin. Bei allen Geschäften ging es an diesem Abend immer um dieselben Fragen: Wieviel kostet uns das? Warum hat man das nicht kommen sehen? Warum hat das niemand verhindert? Wie können wir uns das leisten? Bernhard Hollinger, zuständig für das Ressort Bauwesen und interimistisch auch für die Finanzen, bemerkte zum budgetierten Verlust im kommenden Jahr nur: «Ja, für gewisse Leute war unsere Kirchgemeinde ein Selbstbedienungsladen.»

Trügerische Homepage

Dringend notwendige Sanierungsarbeiten wurden unter der alten Kirchenpflege nicht erledigt und schlagen nun entsprechend im Budget 2023 zu Buche. Die Mietzinseinnahmen für eine Wohnung der Kirchgemeinde sind nie auf der Ertragsseite erschienen, weil der ehemalige Kirchenpflegepräsident dieses Objekt ohne schriftliche Vereinbarung dem mittlerweile ausgezogenen Mieter gratis zur Verfügung gestellt hatte. Dafür wurden Seelsorgeaushilfen, Zelebranten und Prediger engagiert, die das Achtfache des dafür vorgesehenen Budgets verschlangen.

Diese und noch einige weitere Ungereimtheiten in der Geschäftsführung ihrer Vorgänger werden die Kirchenpflege von Gebenstorf-Turgi auch im kommenden Jahr und wohl darüber hinaus noch beschäftigen. Dass diese laufenden Verfahren auch weiterhin juristischen Beistand erfordern werden, liegt auf der Hand. Aktuell sind es fünf pendente rechtliche Verfahren, die noch zu beurteilen sind. Eines davon betrifft den Streit um die offizielle Homepage der Kirchgemeinde. Diese ist unter der Adresse www.kathkirchegetu.ch provisorisch schon aufgeschaltet und erhält dieser Tage noch den letzten Schliff. Unter gleichem Namen, allerdings unter der Domäne .com, betreibt jemand eine Website mit Informationen, die nicht von der Kirchenpflege Gebenstorf-Turgi stammen. Der Auftritt entspricht aber eins zu eins der ehemaligen Website der Kirchgemeinde, was dann wohl doch auf die Urheberschaft rückschliessen lässt.

Gesamterneuerungswahlen

Die offensichtlich nicht korrekt geführten Geschäfte der Vergangenheit quittierte die Versammlung durch Ablehnung der Rechnung 2021. Damit wird sich in der Folge, wie schon bei der Rechnung 2020, die Landeskirche weiter beschäftigen müssen. Die aktuelle Kirchenpflege macht sich derweil guten Mutes daran, das schlingernde Kirchenschiff wieder in ruhigere Gewässer zu lenken. Die Versammlungsteilnehmer drückten den fünf Unentwegten durch einen herzhaften Applaus ihren Dank und ihre Unterstützung aus.

Am 27. November finden auch in Gebenstorf-Turgi die Gesamterneuerungswahlen statt. Dafür stellen sich folgende Personen zur Verfügung: Beat Bühlmann (neu), Willy Deck (seit 2022), Bernhard Hollinger (seit 2022), Stefan Müller (neu), Martin Nigg (seit 2014), Emanuela Scherer (neu), Hilde Seibert (seit 2022) und Andreas Zillig (seit 2021), der sich auch als Präsident der Kirchenpflege zur Wahl stellt.

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