13.06.2024

Auf Luc Humbel folgt Pascal Gregor
Frühlingssynode im Zeichen des Abschieds

Von Marie-Christine Andres Schürch

  • Am Mittwoch, 12. Juni 2024, fand die Frühlingssynode der Römisch-katholischen Kirche im Aargau statt.
  • Die Synode stand im Zeichen des Abschieds vom langjährigen Kirchenratspräsidenten Luc Humbel.
  • Als Nachfolger wählte das Kirchenparlament Pascal Gregor aus Wohlen, der sein Amt am 1. September 2024 antritt.

Die Frühlingssynode der Römisch-katholischen Kirche im Aargau stand im Zeichen verschiedener Abschiede. Bereits in seinem Grusswort würdigte Weihbischof Josef Stübi den abtretenden Kirchenratspräsidenten Luc Humbel, dessen Nachfolger später am Nachmittag noch gewählt werden sollte. Der Weihbischof wandte sich an Luc Humbel: «Du bist nicht ohne Ecken und Kanten. Und du bist – das weiss ich aus vielen persönlichen Begegnungen – immer auf den konstruktiven Kompromiss ausgerichtet.» An der Bischofsweihe im Februar 2023 hatte Luc Humbel Josef Stübi in seiner Gratulationsrede als «Saftwurzel» bezeichnet und ihm einen Rettich überreicht. Nun freute sich der Weihbischof diebisch, seinerseits zu einem bildlichen Vergleich zu greifen. Er schenkte Luc Humbel eine Flasche feines Olivenöl und sagte, der abtretende Kirchenratspräsident sei das «Öl im Getriebe» der Kirche im Aargau, einer, der den Karren immer mal wieder zum Laufen gebracht habe.

Die Geschäftsführerin der «Allianz Gleichwürdig Katholisch» stellt ihre Arbeit vor. | Foto: Marie-Christine Andres

«Wir mischen uns ein»

Im ersten Teil der Synode stellten Mentari Baumann und Claudia Mennen die «Allianz Gleichwürdig Katholisch» vor. Die Allianz setzt sich für eine gleichberechtigte, glaubwürdige und solidarische römisch-katholische Kirche ein. Die Trägerschaft der Allianz besteht aus Jungwacht Blauring Schweiz, dem Katholischen Arbeiterbund, dem Schweizerischen Katholischen Frauenbund und der Fachstelle Bildung und Propstei der römisch-katholischen Landeskirche Aargau. Es gibt keine Mitgliedschaften, aber Einzelpersonen, Organisationen, Initiativen und Verbände können sich der Allianz zugehörig erklären. Baumann und Mennen riefen die Synodalen dazu auf, sich persönlich oder mit ihrer Kirchgemeinde der Allianz anzuschliessen. «Wir mischen uns ein», fasste Claudia Mennen die Tätigkeit der Allianz zusammen. Mit verschiedenen Projekten verfolgt die Allianz ihre Vision einer Kirche, die synodal, transparent und partizipativ ist, die gleiche Würde und gleiche Rechte lebt, sich für Solidarität und Gleichwürdigkeit einsetzt, Macht und Verantwortung teilt und gegen Missbrauch vorgeht. «Diese Themen sind kein Luxus!», betonte Claudia Mennen, «sie bestimmen über die Zukunft der Kirche.»

Langjährig und bewährt

Tobias Fontein, Regionalverantwortlicher der Bistumsregion St. Urs beendet seinen Dienst Ende August 2024. Als seine Nachfolgerin hat Bischof Felix Gmür Antonia Hasler berufen. Die 57-jährige Theologin ist aktuell Pastoralraumleiterin im Pastoralraum Olten.

Synodepräsidentin Christa Koch-Häutle verabschiedet den Bistumsregionalverantwortlichen Tobias Fontein. | Foto: Marie-Christine Andres

Einen prominenten Abgang hat die landeskirchliche Fachstelle Bildung und Propstei zu verkraften: Claudia Mennen verlässt die Fachstelle per Ende Juli 2024. Luc Humbel bezeichnete Mennen, die während 30 Jahren Bildungsarbeit für die Kirche im Aargau geleistet hat, als «Äbtissin von Wislikofen». «Dank ihrer unschätzbar wertvollen Arbeit in den vergangenen Jahren fühlt man sich in der Propstei Wislikofen zuhause, dort hat man Ruhe, kommt an. Das Bildungshaus ist ein Kraftort für mich. Wo immer ich in meiner Funktion als Kirchenratspräsident hinkam, kannte man die Propstei Wislikofen.»

Verabschiedet wurde auch Marianna Donatiello, langjährige, bewährte und beliebte Mitarbeiterin der Verwaltung der Landeskirche. Die Synodenpräsidentin drückte ihre Wertschätzung für die wertvolle Hintergrundarbeit aus: «Wir werden dich vermissen.»

Strukturelles Defizit verkleinern

In den Mitteilungen aus dem Kirchenrat informierte der Kirchenratspräsident die Synodalen über die Resultate der Aufgabenüberprüfung, die zwischen Januar und Mai 2024 erfolgt war. Grund für die Überprüfung ist, dass Mehraufwendungen von 2 Millionen Franken bei gleichzeitiger Ablehnung des Antrags auf Erhöhung des Zentralkassenbeitrags um 0,1 % an der Herbstsynode 2023 sowie massive Kirchenaustritte und erhöhte Anforderungen auf Ebene Bistum und Kirche Schweiz ein strukturelles Defizit von rund 850’000 Franken zur Folge haben werden. Humbel betonte, dass die landeskirchlichen Dienste in Zukunft wichtiger werden würden und deshalb der Grundauftrag nicht geschwächt werden dürfe.

«Nicht ohne Ecken und Kanten», sagte Weihbischof Stübi über den scheidenden Präsidenten Luc Humbel. | Foto: Jeannette Häsler Daffré

Schmerzhafte Einsparungen

Die Antworten auf die Fragen, was zum Grundauftrag der Landeskirche gehöre, welche Dinge sowohl für engagierte als auch für distanzierte Mitglieder relevant seien und wo die Landeskirche primär in der Verantwortung stehe, halfen, die Sparmassnahmen festzulegen. Ab 2025 spart die Landeskirche bei allen Fachstellen, Missionen und der Verwaltung 2 Prozent der Kosten ein, in der Spitalseelsorge und bei Jungwacht Blauring 1 Prozent. Die Passantenhilfe durch die Missionen fällt ganz weg. Verzichten wird die Landeskirche auf die Unterstützung von «Solidarische Welt», von «143 – Die dargebotene Hand», der Schuldenberatung der Kantone Aargau / Solothurn, der Seelsorge in Bundesasylzentren sowie den Beitrag an den Seelsorgeverband Fischingertal. Schmerzhafte Streichungen muss die Landeskirche machen bei Rahmenkrediten des Kirchenrats für kirchliche Werke und Institutionen, religiöse und kulturelle Werke sowie bei der Unterstützung für die Notschlafstelle. 20 Prozent weniger Geld werden ab 2027 auch die Caritas und der Aargauische Katholische Frauenbund erhalten. Luc Humbel: «Ich hätte keine einzige dieser Massnahmen gewollt. Aber es fehlt uns das Geld.»

«Lichtblick»

Als «Lichtblick» erwähnte der Kirchenratspräsident das neue Pfarrblatt, das durch die Fusion des heutigen Aargauer Pfarrblatts «Horizonte» und dem Pfarrblatt «Kirche heute» der Kantone Baselland und Basel-Stadt entsteht. Die erste Nummer des Nordwestschweizer Pfarrblatts «Lichtblick» wird am 22. August 2024 erscheinen.

Gute Zusammenarbeit mit Aargauer Regierung

Kurz vor halb vier traf Regierungsrat Alex Hürzeler im Grossratssaal ein, um Luc Humbel als abtretenden Kirchenratspräsidenten zu verabschieden. Er überbrachte der Synode seine Grussworte und betonte die Bedeutung der Kirche und ihres Engagements: «Die Kirche bietet moralische und spirituelle Werte für das Zusammenleben sowie soziale Dienste. Das ist für den Staat wichtig. Unsere christlichen Werte sollen auch in der Politik immer wieder bewusst gemacht werden.»

Hürzelers erstes Erlebnis mit Luc Humbel, der seit 2010 im Amt ist, war die Wahl von Bischof Felix Gmür. Seither seien sie immer wieder an verschiedenen Anlässen und gelegentlichen Sitzungen zusammengetroffen. «Als Luc Humbel angekündigt hat, dass er zurücktritt, war für mich klar, dass ich ebenfalls zurücktrete», erkärte Hürzeler scherzhaft. Hürzeler tritt Ende dieses Jahres als Regierungsrat zurück.

Luc Humbel bedankte sich seinerseits bei Alex Hürzeler für die gute Zusammenarbeit: «Bei der Arbeit der Regierung wurde die Kirche immer mitgedacht, das ist nicht selbstverständlich.» Lediglich zweimal habe die Landeskirche sich wehren müssen und zu einem Anlass selbst eingeladen, damit die Kirche auch vertreten ist: beim Gedenkanlass zur Schlacht von Villmergen und für die offizielle Aargauer Delegation zur Vereidigung der Schweizergarde in Rom im vergangenen Jahr. Beide Male habe sich der Einsatz gelohnt, erklärte Humbel.

Luc Humbel gratuliert dem neuen Präsidenten zur Wahl. | Foto: Marie-Christine Andres

In 14 Jahren enorm viel bewirkt

Es folgten die Dankesreden der Synodepräsidentin Christa Koch-Häutle und des Kirchenrats Olivier Dinichert. «Luc ohne Projekt, das geht nicht», fasste Koch-Häutle zusammen. Der abtretende Präsident habe enorm viel bewirkt. Auf seine Initiative hin entstanden die Kirchlich Regionalen Sozialdienste, die Notschlafstelle, die Eingliederung der Palliative Care in die Fachstelle Spezialseelsorge, das neue Personalreglement der Landeskirche, die Lange Nacht der Kirche und Projekt Vielfalt Kirche Aargau, die Integration der Missionen in die Pastoralräume. Letzteres nahm mit der Zustimmung der Synodalen zur Eingliederung der Missione Cattolica Italiana Brugg in den Pastoralraum Brugg-Windisch an der gestrigen Synode konkrete Form an.

Die Kirche im Aargau und in der Schweiz geprägt

«Luc Humbel hat die Kirche im Aargau und in der Schweiz geprägt und die Stimme der Kirche in die Gesellschaft eingebracht», sagte Olivier Dinichert. Die Glaubwürdigkeit der Kirche und das Wohl der Schwächsten seien Humbel stets am Herzen gelegen. Ebenso habe er sich stets für die Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche eingesetzt, bei einer Papstaudienz im Mai 2023 sogar an höchster Stelle.

Die Synodalen bedankten sich bei Luc Humbel mit stehendem Applaus für die Arbeit der vergangenen Jahre.

Sichtlich bewegt richtete der scheidende Präsident das Wort an die Synode. Sein erster Dank ging an zwei Abwesende: «An meine Frau und die Familie, die mir ermöglicht haben, das Amt neben meinem Beruf auszuüben.» Der zweite Dank ging an Heinz Altorfer, den Vorgänger im Amt des Kirchenratspräsidenten.

«Die Ungeduld nicht verlieren! Diesem Motto konnte ich in den letzten Monaten zu wenig nachleben», erklärte Luc Humbel. Noch immer werde in der Kirche allzu oft reagiert statt agiert. Doch im Rückblick überwiege die Freude – nie hätte er gedacht, dass er das Amt so lange ausüben würde. Wichtig war ihm, zu betonen, dass das Amt keine One-Man-Show gewesen sei: «WIR sind die Kirche Aargau. Ihr habt es mir ermöglicht, dass ich mich immer wieder aus dem Fenster lehnen konnte», sagte Humbel an die Mitglieder des Kirchenrats gewandt.

Der neue Kirchenratspräsident kommt aus dem Freiamt. Pascal Gregor aus Wohlen tritt sein Amt am 1. September 2024 an. | Foto: Jeannette Häsler Daffré

Der neue Präsident heisst Pascal Gregor

Für die Ersatzwahl eines Kirchenratspräsidenten für die Amtsperiode bis 2026 hatte der Kirchenrat eine öffentliche Ausschreibung vorgenommen. Die Findungskommission des Kirchenrats führte Gespräche mit drei Kandidaten, bei denen die Motivation und die Eignung für das Präsidium im Vordergrund standen.

Als Nachfolger für Luc Humbel schlug der Kirchenrat Pascal Gregor aus Wohlen (hier im Interview mit der Aargauer Zeitung) zur Wahl vor. Der 62-jährige Freiämter ist Inhaber einer Consultingfirma, Heilpädagoge, Mediator und engagiert sich vielfältig ehrenamtlich innerhalb und ausserhalb der Kirche. Er stellte sich der Synode mit einer Anekdote von der Fronleichnamsprozession in Wohlen vor, bei der er spontan als Fahnenträger eingesprungen war. «Die Kirche, die katholische Landeskirche des Kantons Aargau, hat grosses Potenzial, die Anliegen und Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen. Wenn ich einen Beitrag für unsere Kirche leisten kann, bin ich dabei. Ich habe festgestellt: Ich gehe gerne mit der Fahne voraus. Auch wenn nicht immer klar ist, wo der Weg durchführt.

Die Synodalen wählten Pascal Gregor mit 117 von 122 Stimmen zum neuen Aargauer Kirchenratspräsidenten. Er wird sein Amt auf den 1. September 2024 antreten.

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