15.03.2018

Spender wollen mitgestalten

Von Andreas C. Müller

  • Die veränderte Mediennutzung beeinflusst auch das Spendenverhalten. Das bekommen die christlichen Hilfswerke wie Fastenopfer zu spüren: Der klassische Einzahlungsschein in den Printmedien funktioniert kaum noch – Horizonte bildet dahingehend eine Ausnahme.
  • Weil auch die pfarreitreue Kirchenbasis kleiner wird, sollen neue Zielgruppen erreicht werden, welche die Möglichkeit haben sollen, die Fastenkampagne mit eigenen kleinen Aktionen zu unterstützen. Im Interview mit Horizonte erklären Matthias Dörnenburg, Co-Leiter Kommunikation, und Adrian Wismann, Leiter Fundraising, die sich abzeichnenden Trends.

 

Warum funktioniert der Einzahlungsschein bei den meisten Pfarrblättern nicht mehr?
Adrian Wismann:
Wir haben nach einer sorgfältigen Evaluation festgestellt, dass sich das aus finanziellen Gründen bei den meisten Titeln nicht mehr lohnt, wenn wir die Produktionskosten für so eine Beilage berücksichtigen. Bis anhin haben wir die grossen Pfarrblätter in Zürich, Basel, Bern, Aargau und St. Gallen bedient, dieses Jahr nur noch Horizonte und das Eco-Magazin in der Romandie.
Matthias Dörnenburg: Leserinnen und Leser können dort dank der Berichterstattung im entsprechenden Medium einen konkreten Bezug zum Einzahlungsschein herstellen. Über eine Geschichte, welche sie interessant finden und die sie zum Spenden anregt.

Bei den meisten Printtiteln ging also der Spendenertrag zurück? Was sind die Gründe dafür?
Adrian Wismann:
Seit einigen Jahren gibt es einen Trend zu mehr Wechselspendern. Die traditionelle Spenderschaft, auf die sich Hilfswerke wie Fastenopfer stützen, wird kleiner. Auch die Akzeptanz von Massenkommunikation nimmt ab. Heute ist personalisierte Werbung gefragt.
Matthias Dörnenburg: Jedoch würden unsere Kampagnen ohne das Engagement von zahlreichen Menschen in den Pfarreien nach wie vor nur halb so gut laufen. Dafür sind wir sehr dankbar.
Adrian Wismann: Das veränderte Mediennutzungsverhalten stellt uns ebenfalls vor neue Herausforderungen. Immer mehr Menschen nutzen die elektronischen Medien und spenden vermehrt auf elektronischen Plattformen. In der Schweiz hat diese Entwicklung entgegen erster Prognosen nicht so schnell und so stark eingesetzt wie im angelsächsischen Raum oder in Skandinavien.

Und welche Rolle spielt die zunehmende Entfremdung unserer Gesellschaft von den Kirchen?
Adrian Wismann:
Wir versuchen vermehrt auch Spendende anzusprechen, die immer noch mit den Werten der Kirche verbunden sind, aber nicht mehr einem Kernpfarreipublikum angehören. Nicht zuletzt deswegen haben wir im letzten Jahr unsere Fundraisingabteilung verstärkt und Instrumente entwickelt, um neue Spenderinnen und Spender zu erreichen.
Matthias Dörnenburg: Verschiedene Studien zeigen aber, dass Werte und Spiritualität nach wie vor gefragt sind. Insofern dürfen wir schon klar aufzeigen, dass wir aus einer christlichen Position heraus handeln. Ich glaube sogar, dass die Wertorientierung der Menschen in Zukunft stärker werden wird.

Führen die erwähnten Veränderungen auch dazu, dass sich die Ökumenische Fastenkampagne inhaltlich verändert?
Matthias Dörnenburg:
An der klassischen Dreiteilung halten wir fest: Fastenopfer gestaltet mit der Fastenzeit eine bestimmte Zeit, verankert Solidarität und ruft auf zum Sammeln auf. Hingegen wollen wir stärker Erfolgs- oder Hoffnungsgeschichten erzählen und weniger auf Problemzentrierung setzen. Angesichts der vielen schwierigen Themen und Konflikte, mit denen sich die Menschen beschäftigen müssen und von denen die Medien berichten, wollen die Menschen Lösungen sehen. Aus diesem Grund haben wir schon im vergangenen Jahr mit der Aktion «Neuland» begonnen, ein gutes Beispiel für einen positiveren Ansatz.

Zeichnen sich weitere Trends ab?
Adrian Wismann:
Ja, die Menschen wollen involviert werden. Sie wollen Mitträger und Mitgestalter einer Kampagne sein.

Wie dürfen wir uns das vorstellen?
Adrian Wismann:
Mit «Join my Challenge» geben wir dieses Jahr den Menschen im Internet die Möglichkeit, sich während der Fastenzeit etwas vornehmen und dafür Unterstützer zu finden. Beispielsweise kann eine Teilnehmende für den täglichen Verzicht auf Fleisch während einem selbst definierten Zeitraum von Bekannten, Verwandten, oder allen die das toll finden, dafür Geld sammeln , das dann der Ökumenischen Kampagne zu gut kommt.
Matthias Dörnenburg: Dies steht in der Tradition bereits bestehender Aktionen, wenn man an die Rosenaktion oder die Suppentage denkt. Aber wir gehen mit dieser Idee neue Wege und sprechen damit hoffentlich andere Personen auf neuen Kanälen an.

Das sind spannende Entwicklungen. Lässt sich allenfalls schon sagen, wie die Ökumenische Kampagne in zehn Jahren funktionieren wird?
Matthias Dörnenburg:
Der Wandel der Gesellschaft hin zu mehr Gerechtigkeit für alle Menschen bleibt wichtig. Diese Geschichte wird weiter erzählt werden. Aber mit welchen Mitteln, ist zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer abschätzbar, weil sich das Umfeld sehr schnell verändert.
Hingegen wird es weiterhin darum gehen, zu zeigen, dass Veränderungen nur möglich sind, wenn sich alle Menschen engageieren.

Und was ist mit dem klassischen «violetten Säckli»? Sind seine Tage gezählt?
Adrian Wiesmann:
Das wird es immer noch geben. Das Fastenopfersäckli ist wie die Toblerone unter den Schweizer Schokoladen – ein Symbol für die Fastenzeit und die damit verbundene Werthaltung der Solidarität. Das ist uns nach wie vor wichtig und wir freuen uns auch, dass das Säckli noch so zahlreich bestellt und in den Pfarreien verteilt wird.
Matthias Dörnenburg: Letztlich ist das auch Ausdruck unserer Verbundenheit mit den Pfarreien.

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