20.04.2013

Wir trauen uns

Von Horizonte Aargau

«Wir waren ja noch nie zusammen in einer Kirche – warum sollen wir dort heiraten?», fragte der junge Mann rhetorisch seine Freundin. Sie dachte nach. Und dann beschlossen die beiden, an ihrem Hochzeitstag etwas in den Mittelpunkt zu stellen, das sie verbindet: Sie feierten die Trauung mit einer Velotour, begleitet von all ihren Freunden. Eine stimmige und stimmungsvolle «Zeremonie».

Stimmungsvoll soll sie sein, die Trauung. Da sind sich heiratswillige Paare einig. Nicht immer ist die Frage nach der Form der Feier aber so rasch geklärt. «Warum wollen wir zusammen eine Partnerschaft?» und «Warum wollen wir das kirchlich feiern?», das sind die Fragen, die Kurt Adler-Sacher im Ehevorbereitungskurs von Bildung Mobil den Liebespaaren stellt. In der Propstei Wislikofen sollen sie sich vor der Trauung noch einmal einen Tag schenken, frei vom Stress der Hochzeitsvorbereitungen. Und sich dabei ganz grundsätzliche Gedanken machen.

Auf Traditionen besinnen
Die Paare, die sich in Wislikofen zur Ehevorbereitung treffen, haben sich alle schon entschieden, kirchlich zu heiraten – katholisch, reformiert oder ökumenisch. Die Gründe für den Entschluss sind vielfältig, weisen aber eine entscheidende Gemeinsamkeit auf: Geht es daran zu heiraten, scheinen sich die Menschen auf Traditionen zurück zu besinnen. «Ich habe zwar keinen allzu engen Bezug zu meinem katholischen Glauben, beim Heiraten gehört für mich aber die Trauung in der Kirche – mit Pfarrer, weissem Kleid, Blumen und Musik – einfach zur Tradition.», erklärt eine junge Frau. Ihr Partner, der zwar reformiert ist, sich aber als «nicht gläubig» bezeichnet, stimmt einer katholischen kirchlichen Trauung zu: «Das Wichtigste ist für mich unsere Beziehung. Wenn meiner Freundin das Kirchliche wichtig ist, bin ich selbstverständlich dabei.»

Periphere Berührungspunkte
Wie dieses junge Paar entscheiden viele. Hat wenigstens einer von beiden irgendeinen Bezug zur Kirche, gibt das oft den Ausschlag für eine kirchliche Trauung. Denn auch für so genannte «Distanzierte», die sich kaum mit ihrem Glauben auseinandersetzen, gehören Heiraten und Kirche zusammen. Die Berührungspunkte mit dem Religiösen können dabei auch eher peripher sein: «Ich kannte die Kirche von meiner Schulzeit her und sie gefällt mir», sagt etwa eine ehemalige Schülerin der Kantonsschule Wettingen, die sich in der Klosterkirche trauen liess. Auch Bekannte, die innerhalb der Kirche tätig sind, schaffen Bezug, wie ein ehemaliger Jungwächtler sagt: «Der Pfarrer, den ich schon seit Kindheit kenne, ist für mich die Motivation, kirchlich zu heiraten.»

Festliches Ambiente
Oft ist aber der Grund für eine kirchliche Trauung ganz einfach, dass die Kirche noch immer den festlichsten Rahmen für eine solche Feier bietet. Von der Akustik über die Architektur und grosszügig Platz für die geladenen Gäste stimmt hier alles. Eine Trauung nur auf dem Standesamt ist manchem Paar für ihren grossen Tag schlicht zu nüchtern und zu rasch abgewickelt. Wie viele Schweizer Paare sich jährlich in einer katholischen Kirche trauen lassen, wird bis jetzt nicht statistisch festgehalten. Laut Auskunft des Experten für Heiratsfragen im Bistum Basel, des Offizials Peter Schmid, wird aber das pastoralsoziologische Institut in Zukunft versuchen, Angaben für eine Statistik zu erheben.

Mischehe und Formdispens
Auf Paare, die von einer «Märchenhochzeit» träumen und dafür die katholische Kirche und ihre Traditionen wohl oder übel in Kauf nehmen, wartet allerdings die eine oder andere Überraschung. «Wir wollen eigentlich bloss heiraten, dafür haben wir jetzt schon drei volle Tage für Vorbereitungen investiert», wundert sich ein Bräutigam. Zum Beispiel im vom italienischen Priester verordneten Ehevorbereitungskurs. Aber auch das Traugespräch mit dem Seelsorger kann Fragen aufwerfen. Im Unterschied zur reformierten Feier ist die katholische Eheschliessung ein Sakrament. In den offiziellen katholischen Ehedokumenten steht: «Ein katholisch getaufter Partner und ein nichtkatholisch getaufter Partner schliessen eine gemischtkonfessionelle Ehe. Ist wenigstens ein Teil katholisch, kommt die Ehe nur gültig zustande, wenn die katholische Eheschliessungsform eingehalten wird. Will das Paar sich durch einen reformierten Priester trauen lassen, braucht es eine Formdispens, welche durch das Bischöfliche Offizialat in Solothurn ausgestellt wird.

Offizielle Forderung
Jährlich heiraten in der Schweiz etwa 42 500 Paare. Knapp 6000 davon sind Paare, bei denen ein katholischer und ein reformierter Teil zusammenkommen. Führt der Pfarrer das Traugespräch mit einem solchen Paar, fordert das offizielle «Beiblatt für konfessionsverschiedene Ehen» vom Seelsorger, dass er dem heiratswilligen Paar folgendes erklärt: «Dass der katholische Partner sich ernsthaft bemühen muss, im Rahmen der gegebenen Umstände und Möglichkeiten die Kinder katholisch taufen zu lassen und zu erziehen.» Die Erläuterungen halten fest, dass «der katholische Partner nur dann einer Taufe und Erziehung seiner Kinder in einem nichtkatholischen Bekenntnis zustimmen wird, wenn trotz ernsten Bemühens die katholische Erziehung nicht verwirklicht werden kann.»

Pragmatische Entscheidung
In der Praxis wollen die meisten Seelsorger das künftige Ehepaar nicht mit diesen ein wenig altmodischen Formulierungen erschrecken. «Ich weise das Paar ganz einfach darauf hin, dass sie vor der Trauung überlegen und diskutieren müssen, welche Konfession allfällige Kinder haben sollen. Das hat bis jetzt noch bei keinem Paar zu Problemen geführt.», sagt Urs Zimmermann, Pfarrer in Bad Zurzach, in Übereinstimmung mit vielen seiner Amtskollegen. Meist entscheiden sich die Paare, die Kinder in der Konfession desjenigen Partners zu taufen, der den stärkeren Bezug zum Glauben hat.

Vertrauen auf Gott
«Was erwartet ihr von diesem Gott?», pflegt Kurt Adler-Sacher seine Paare im Kurs zu fragen. Und da offenbaren sich tiefer liegende Gründe, kirchlich zu heiraten: «Wir brauchen ja irgendetwas, das uns beisteht – ein göttliche Kraft.», «Es tut mir gut zu wissen, dass wir nicht alleine sind.» und «Gott schenkt mir Liebe, dass ich sie weiterschenken kann.» Viele, die sich trauen, vertrauen auch auf Gott.

Marie-Christine Andres

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